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Produktpiraterie an den EU Grenzen und die Wirkung der neuen Zollvorschriften

Zoll-douaneDer von der Europäischen Kommission jährlich veröffentlichte Bericht über Zollmaßnahmen zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in der Europäischen Union (EU) unterstreicht in der für 2014 aufgeführten Statistik die zentrale Rolle der EU-Zollbehörden beim Kampf gegen nachgeahmte Waren.

Die am 27. Oktober 2015 veröffentlichten Zahlen über die zurückgehaltenen Waren an den europäischen Grenzen sind beachtlich. So hielten die Behörden laut Bericht 35,5 Mio. Stück nachgeahmte und gefälschte Waren im Wert von insgesamt mehr als 617 Mio. Euro zurück. In den meisten Fällen (mehr als 90 %) wurden die Waren entweder vernichtet oder es wurden in der Folge Gerichtsverfahren zur Feststellung von Rechtsverletzungen angestrengt.

Interessant zu sehen ist, zu welchen Kategorien die zurückgehaltenen Waren zählen und aus welchen Ursprungsländern diese kommen. Die meisten nachgeahmten Produkte kommen nach wie vor aus China (80 %). An der Spitze der Ursprungsländer stehen weiterhin Hong Kong und die Vereinigten Arabischen Emiraten, gefolgt von der Türkei und Indien. Zu den beliebtesten nachgeahmten Waren zählen Zigaretten (35 %), Spielzeug (10 %), Arzneimittel (8 %) und Kleidung (5 %). Insgesamt unterschieden sich die Produktkategorien wenig vom Vorjahr. Besonders auffallend ist, dass im Jahr 2014 auch Lebensmittel (mit 4 %) zu den sechs führenden Produktkategorien zählen. Viele an den Grenzen aufgehaltene nachgeahmte Waren werden aufgrund des immer mehr zunehmenden Internetverkaufs mit Päckchen im Express- und Postversand befördert.

Produktpiraterie-Verordnung

Am 01.01.2014 ist eine neue Verordnung (EU) Nr. 608/2013 des europäischen Parlaments und des Rates zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums durch die Zollbehörden (sog. Produktpiraterie-Verordnung) in Kraft getreten. Diese gilt seit Januar 2015 in der ganzen EU. Die neuen Regelungen sollen unter anderem die Rechte von Unternehmen hinsichtlich ihres geistigen Eigentums stärken. Beispielsweise ist nun das „vereinfachte Vernichtungsverfahren“ für rechtsverletzende Waren in allen Mitgliedsstaaten als Regelfall anwendbar. Solche Waren können nun ohne vorheriges Gerichtsverfahren unter zollamtlicher Überwachung vernichtet werden, wenn der Verdacht vorliegt, dass diese ein Recht des geistigen Eigentums verletzen. Neu aufgenommen ist ein spezielles Verfahren für Waren in sog. „Kleinsendungen“, welche insbesondere im Bereich des Internethandels vorkommen. Durch dieses Verfahren kann, wenn der Inhaber eines Rechts des geistigen Eigentums dies im Falle einer Rechtsverletzung beantragt, die vereinfachte Vernichtung erreicht werden.

Durch die vereinfachten Verfahren soll Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt werden, bei verdächtigen Waren schnell effektiv handeln zu können und mit den entsprechenden Anträgen zu verhindern, dass Produktfälschungen auf den Markt gebracht werden. Durch das neu eingeführte Verfahren stieg im Jahr 2014 die Gesamtzahl der zurückgehaltenen Waren und es ist sichtbar, dass durch die Abschaffung unnötigen Verwaltungsaufwandes die Vernichtung von Waren im Postversand vereinfacht wurde.

Franziska Pechtl