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CETA: Das vom Europäischen Gerichtshof bestätigte Streitbeilegungssystem

Im Herbst 2016 legte die Wallonische Region durch ihren Ministerpräsidenten Paul Magnette ein Veto gegen die Unterzeichnung des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens („CETA“) der Europäische Union ein.

CETA, ein Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada zur Förderung des Handels und zur Unterstützung von Wachstum und Beschäftigung, zielt auf die Senkung der Zölle und den Schutz hoher europäischer Standards wie Lebensmittelsicherheit und Umwelt ab.

Trotz des teilweisen Inkrafttretens am 21. September 2017, wurde der in Kapitel 29 vorgesehene Schiedsmechanismus ausgesetzt.

Dieser sieht ein besonderes Schlichtungssystem für mögliche Streitigkeiten zwischen der EU und Kanada über die Auslegung und Anwendung des Abkommens vor. Er ermöglicht den Parteien nach erfolglosen Versuchen der Expertenkonsultation und -mediation den Streitfall einem Schiedsgericht vorzulegen, das aus drei Schiedsrichtern besteht. Eine Liste von 15 Schiedsrichtern wird vom Gemeinsamen CETA Ausschuss aus dem Kreis der Fachleute für internationales Handelsrecht erstellt. Die Schiedsrichter wären unabhängig und würden weder den Weisungen einer Organisation oder Regierung folgen, noch wären sie der Regierung einer der beiden Parteien angeschlossen.

Es ist daher geplant, ein Schiedsgericht, ein Schiedsberufungsgericht und ein multilaterales langfristiges Investitionsgericht zu schaffen, welche völlig unabhängig sein werden.

Bedenken bestehen im Zusammenhang mit der potenziell übermäßigen Macht der Investoren über staatliche Entscheidungen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Umwelt.

Bedenken und Herausforderungen von NGOs und Zivilorganisationen kamen zu denen Wallonien dazu, insbesondere in Bezug auf die Tatsache, dass die Situation der Investoren ihrer Meinung nach viel günstiger war als die der Staaten, insbesondere aufgrund der „Grundsätze der fairen und gerechten Behandlung“ und des Verbots der „indirekten Enteignung“, das es ermöglicht, Investitionen trotz plötzlicher und souveräner Veränderungen in der nationalen Politik zu schützen.

Angesicht dieser Einwände hat die belgische Regierung dann am 7. September 2017 den Europäischen Gerichtshof der Europäischen Union angerufen, um klären zu lassen, ob dieser Streitbeilegungsmechanismus im CETA-Abkommen mit dem europäischen Recht vereinbar ist, und ob er die Souveränität der Staaten und die Zuständigkeit des Gerichts beeinträchtigt.

Am 30. April 2019 hat der Europäische Gerichtshof in einer Stellungnahme das in dem CETA-Abkommen vorgesehene Schiedsverfahren bestätigt.

Der Gerichtshof weist insbesondere darauf hin, dass das Organ, das durch einen Vertrag eines Gerichts für die Auslegung der Bestimmungen dieses Vertrages zuständig ist, nicht mit dem Unionsrecht unvereinbar ist.

Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass die von CETA geschaffenen Schiedsgerichte nicht dafür zuständig sind, andere Bestimmungen des europäischen Rechts als die des CETA-Abkommens auszulegen und anzuwenden oder Entscheidungen zu treffen, die die Funktionsfähigkeit der europäischen Gerichte beeinträchtigen würden.

Der Gerichtshof fügt hinzu, dass die Vereinbarung die Autonomie der Rechtsordnung der Europäischen Union nicht berührt, da die vorgesehenen Schiedsgerichte nicht befugt sind, die von den Staaten getroffenen Entscheidungen anzufechten, insbesondere in Bezug auf den Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit, des Privatlebens usw.

Schließlich ist das Gericht der Auffassung, dass der Mechanismus nicht mit dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung oder mit dem Recht auf Zugang zu einem unabhängigen Gericht unvereinbar ist, da die Bestimmungen des Vertrages ausreichend und mit dem Unionsrecht vereinbar sind.

Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist daher ein Sieg für die CETA Befürworter und für die vollständige Durchsetzung des Abkommens.

 

Brigitte Spiegeler und Laura Canet