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Wird Youtube haften müssen?

EuGH soll über Youtube-Haftung für von Usern begonnene Urheberrechtsverletzungen entscheiden
Der Bundesgerichtshof hat sich mit einer Frage beschäftigt, die das Geschäftsmodell von Video-Sharing-Plattformen bedrohen dürfte. Die Frage lautet, ob der Videoportalbetreiber YouTube direkt für die Urheberrechtsverletzungen seiner User haftbar gemacht werden kann. Es wird sich hierbei um eine Grundsatzentscheidung für die Betreiber von Plattformen wie YouTube, Dailymotion, Vimeo oder SoundCloud handeln.
Unterinstanzen hatte die Haftung von Youtube in den Fällen bejaht, in denen von Nutzern hochgeladenen Stücken trotz Hinweis der Urheber an den Websitebetreiber nicht oder nur teilweise gelöscht wurden, bejaht (LG Hamburg, 308 0 27/09; OLG Hamburg 5 U 87/12). Mit dem Beschluss vom 13.September 2018 hat auch der BGH sich mit dieser Frage beschäftigt und gibt diese Frage nun an den EuGH ab.

Sachverhalt
Hintergrund des Verfahrens ist die Klage eines Musikproduzenten. Dieser hat mit der Sängerin Sarah Brightman im Jahr 1996 einen Künstlerexklusivvertrag geschlossen. Anfang November 2008 waren auf YouTube Musikstücke und Aufnahmen aus privaten Konzertmitschnitten eingestellt. Der Kläger mahnte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben ab, woraufhin jedenfalls einen Teil der Videos entfernt wurden. Nach Löschung der Videos wurden sie erneut von Nutzern hochgeladen.

Verletzer oder nur Vermittler?
Nach deutschem Recht haftet der Verletzer auf Unterlassung bzw. bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit auch auf Schadensersatz. Durch das Bereitstellen einer Plattform im Internet kann der Betreiber unter bestimmten Grundsätzen als Vermittler auf Unterlassung verklagt werden, wobei man sich als „Dienstanbieter“ nach dem Telemediengesetzes auf Haftungserleichterungen berufen kann. Die Haftungsregeln des deutschen Rechts beruhen auf Vorgaben des Unionsrechts und sind daher unionsrechtskonform auszulegen. Fraglich ist nun, ob eine Haftung des Plattformbetreibers auch als Verletzer in Betracht kommen kann.

Veröffentlichung von Musikvideos = öffentliche Wiedergabe im Sinne des Urheberrechts?
Das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung ist ein besonderer Fall des Rechts der öffentlichen Wiedergabe und ist durch das Unionsrecht vollständig harmonisiert worden. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dem Recht der öffentlichen Wiedergabe in seiner neusten aus 2017 stammenden Rechtsprechung eine große Reichweite beigemessen. Er hat den Betreiber der Internetplattform „The Pirate Bay“, dessen Dienste von Dritten zur Verletzung des Rechts der öffentlichen Wiedergabe genutzt worden waren, nicht als Vermittler, sondern als Verletzer angesehen. Unseren Artikel zu der Entscheidung finden Sie auch hier.
Im Kern wird es darum drehen ob das sog. „Providerprivileg“ durchgreift, das Youtube nur mittelbar haftbar spricht oder ob eine direkte unmittelbare Haftung in Zukunft den Maßstab für Urheberrechtsverletzungen von User setzt.

BGH erbittet um Vorabentscheidung durch den EuGH
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt sich die Frage, ob der Betreiber einer Internetvideoplattform, auf der Nutzer Videos mit urheberrechtlich geschützten Inhalten ohne Zustimmung der Rechtsinhaber öffentlich zugänglich machen, eine eigene Handlung der Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vornimmt und sich dadurch als Verletzer qualifiziert, oder lediglich eine Vermittlertätigkeit angenommen werden kann. Die Voraussetzungen sind durch diese Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union allerdings nicht hinreichend geklärt.

Aussicht
Die Entscheidung des EuGHs wird genauere Anforderungen darüber liefern, in welchen Fällen das Hostprovider-Privileg durchschlagen kann. In Anbetracht einer kürzlich im Europaparlament beschlossene erneute Reform des Urheberrechts, wird die Regel für Plattformbetreiber aber künftig wohl ohnehin sein, dass entweder mit allen Rechteinhabern Lizenzvereinbarungen abgeschlossen oder Uploadfilter installiert werden müssen, um das Hochladen geschützter Inhalte zu blockieren. Youtube hat in diesem Sinne bereits das Filtersystem „Content ID“ entwickelt, das einen transparenteren und einfacheren Weg liefern soll Urheberrechtsverletzungen zu erkennen und zusammen mit den Rechtsinhabern zu verfolgen.

Ouassima Boudouh