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Prozesskosten in den Niederlanden: Der Gewinner muss Kosten größtenteils selbst tragen

ProzesskostenWährend Gewinner deutscher Gerichtsprozesse von großzügigen Kostenentscheidungen profitieren, wonach der Verlierer in der Regel sämtliche Kosten zu tragen hat, muss die obsiegende Partei in den Niederlanden tiefer in die eigene Tasche greifen. Die geplante Erhöhung der Gerichtskosten wirft die Frage auf, ob der laut Verfassung garantierte Zugang zum Gericht ernsthaft gefährdet ist.

 

In Deutschland zahlt der Verlierer

Die Entscheidung, im Falle eines Konflikts vor Gericht zu ziehen, kann in Deutschland erheblich erleichtert werden, wenn man sich seiner Sache sicher ist. Sollte das Urteil des Gerichts tatsächlich positiv ausfallen, wird die Gegenseite in aller Regel dazu verurteilt, sämtliche Kosten des Verfahrens zu tragen. Andererseits sollte man sich des Risikos bewusst sein, eventuell selbst als Verlierer den Gerichtssaal zu verlassen, was bedeuten würde, dass neben den eigenen Anwalts- und Gerichtskosten auch die Kosten der Gegenseite getragen werden müssten, einschließlich etwaiger Kosten für Zeugen und Sachverständige.

 

Geringfügige Kostenerstattung in den Niederlanden

Auch wenn in den Niederlanden ebenfalls gilt, dass der unterliegenden Partei die Kosten des Siegers auferlegt werden, so bezieht sich das tatsächlich nur auf einen Teil der Kosten. Dieser fällt zudem besonders gering aus, wenn man bedenkt, dass die Anwaltskosten, also ein Großteil der Gesamtkosten, nur anhand von Normbeträgen erstattet werden. Diese Beträge ergeben sich einerseits aus der Art und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeiten, andererseits aus dem Wert der Streitsache. Den tatsächlichen Anwaltskosten wird eine solche Rechnung in keiner Weise gerecht. Außerdem trägt die geplante Erhöhung der Gerichtskosten dazu bei, dass bei der Erwägung, ob der Gang zum Gericht sinnvoll ist, Kosten eine immer größere Rolle spielen. Allerdings gehören die Gerichtskosten zu den wenigen Kostenpunkten, die bei einem Sieg in der Regel vollständig erstattet werden.

 

Geistiges Eigentum: Paradigmenwechsel unter Vorbehalt

Eine besondere Position nimmt in den Niederlanden das Recht des geistigen Eigentums ein. Dank einer EU-Richtlinie hat sich auf diesem Rechtsgebiet ein Paradigmenwechsel vollzogen: Ausgangspunkt ist nun die Erstattung sämtlicher Kosten der obsiegenden Partei durch die Gegenseite. Es ist dennoch auch hier Vorsicht geboten, da vom niederländischen Justizwesen Richtlinien erarbeitet wurden, die angemessene Anwaltskosten widerspiegeln sollen. Eine Kostenaufstellung kann also nicht beliebig sein; sie muss in Anbetracht der Streitsache vertretbar sein. Zudem steht es dem Gericht frei, aus Gründen der Fairness selbst angemessene Kosten zu reduzieren, z.B. falls die unterliegende Partei sich der Unrechtmäßigkeit ihres Handelns nicht bewusst gewesen ist.

Angesichts des großen Ermessensspielraums, über den das Gericht verfügt, liegt das Risiko resultierender Rechtsunsicherheit nahe. Das könnte sich wiederum negativ auf das Ziel des Gesetzgebers auswirken, Rechtsstreitigkeiten über geistiges Eigentum attraktiver zu machen und damit Innovation und gesellschaftlichen Fortschritt voranzutreiben. Die Ausdehnung des in Deutschland üblichen Grundsatzes, wonach der Verlierer sämtliche Kosten zu tragen hat, ist diesem Ziel sicherlich förderlich. Berücksichtigt werden muss jedoch die Unsicherheit, wie dieser Grundsatz in der Praxis tatsächlich angewendet wird. Ob Unternehmer unter diesen Umständen genauso bereitwillig vor Gericht ziehen wie vom Gesetzgeber erhofft, bleibt fragwürdig.

Sebastian Meyer – Lena Kröger