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Internationaler Frauentag: #BreakTheBias urheberrechtlich geschützt?

Der internationale Frauentag steht vor der Tür. Am 8. März eines jeden Jahres werden Frauen weltweit gefeiert und dem Kampf und der Emanzipation der Frau gewürdigt.

Was ist der Frauentag?

Der Feiertag findet seine Wurzeln im frühen 20. Jahrhundert vor Beginn des ersten Weltkrieges. Zu dieser Zeit hatten die Frauen um die Gleichberechtigung und Emanzipation von Frauen und Arbeiterinnen sowie um ein gleichwertiges Wahlrecht der Frau in einer männlich geprägten Gesellschaft gekämpft.

Das diesjährige Motto der Vereinten Nationen lautet: „Gender equality today for a sustainable tomorrow“ (zu deutsch: Gleichstellung der Geschlechter heute für ein nachhaltiges Morgen“). In diesem Jahr sollen die Beiträge von Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt gewürdigt werden, die bei der Anpassung an den Klimawandel, der Eindämmung des Klimawandels und der Reaktion darauf eine führende Rolle spielen, um eine nachhaltigere Zukunft für alle zu schaffen.

Aber nicht nur die Vereinten Nationen feiern den Frauentag unter einem bestimmten Motto. Die Initiative „International Women’s Day“ hat sich im Jahr 2022 der Kampagne #BreakTheBias verschrieben (zu deutsch: Brecht die Vorurteile). Unter dem Hashtag ruft die Website zu einer Welt frei von Vorurteilen, Stereotypen und Diskriminierung, dafür voller Diversität, Gleichberechtigung und Inklusion, auf; sei es in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz, in Schulen und Universitäten oder im privaten Umfeld.

 

Urheberrecht an einem Werk

Nun stellt sich die Frage, inwieweit der Hashtag genutzt werden kann. Denn möglicherweise ist er urheberrechtlich geschützt.

Das Urheberrecht hat zur Aufgabe, den Urheber – also den Schöpfer – von Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in dessen Nutzung zu schützen. Zu den geschützten Werken gehören persönliche geistige Schöpfungen, insbesondere Sprachwerke, Werke der Musik, der Tanz- und der bildenden Künsten, Lichtbilder, Filmwerke oder Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art. Der Urheber genießt den Schutz seiner Rechte am Werk bis 70 Jahre nach seinem Tode.

Ausschließlich der Urheber hat das Recht, sein Werk in körperlicher Form öffentlich zu verwerten und wiederzugeben. Er kann aber einer Person, die nicht zumindest Miturheber ist, das Recht einräumen, das Werk auf einzelne oder alle Nutzungsarten zu nutzen. Der Umfang dieses Nutzungsrechts wird dabei vom Urheber bestimmt.

Wer das Recht des Urhebers widerrechtlich verletzt, kann vom Verletzten auf Beseitigung der Beeinträchtigung, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Es kann sogar zu Schadensersatzzahlungen kommen.

 

#Rio2016: Kann die Hashtag-Nutzung verboten werden?

Hashtags bieten auf Plattformen wie Twitter und Instagram die Möglichkeit der Verschlagwortung und Zuordnung von Beiträgen zu übergreifenden Themen. Sie helfen dabei, thematisch zusammengehörende Diskussionen innerhalb sozialer Netzwerke zusammenzuführen. Dabei werden sie automatisch als Schlagworte erkannt und mit anderen Beiträgen, die diese Hashtags enthalten, auf einer Übersichtsseite gemeinsam dargestellt.

Doch nicht jeder befürwortet die Nutzung des eigens kreierten Hashtags. So gingen in Deutschland mit den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro urheberrechtliche und markenrechtliche Probleme bei der Nutzung des Twitter-Hashtags #Rio2016 einher. Die Kombination der Bestandteile ist als Marke eingetragen, sodass zumindest eine markenrechtliche Relevanz besteht.

Hintergrund
Durch das deutsche Olympiaschutzgesetz genießen der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Internationale Olympia Komitee (IOC) Schutz über olympisches Emblem und der olympischen Bezeichnungen. Dieser Schutz reicht weiter als das übliche Urheber- und Markenrecht in Deutschland. So hat sich der DOSB rechtliche Schritte gegen Firmen, die keine offiziellen Sponsoren der Spiele waren, wegen der Nutzung des #Rio2016 und #OlympischeSpiele vorbehalten. Man wolle damit die Unternehmen stärken, die für die Markenrechte der Olympischen Spiele bezahlen. Bis heute ist die Frage des Verbots der Hashtag-Nutzung nicht gerichtlich geklärt worden. Die Mehrheit geht aber davon aus, dass eine solche Nutzung durch Nicht-Sponsoren nicht gegen das Urheberrecht der DOSB und des IOC verstößt. Die Vermutung wird dadurch bestärkt, dass sie die strengen Werberichtlinien ein Jahr später wegen Ermittlungen des Bundeskartellamts lockerten.

Rechtliche Einordnung
Die rechtliche Einordnung der Verbindung von Hashtags mit Sprachwörtern ist schwierig. Das Hashtag an sich ist nicht urheberrechtlich geschützt, kann aber in Kombination mit Wörtern durchaus urheberrechtlichen Charakter als Sprachwerk, also Werke, bei denen der gedankliche Gehalt mit Mitteln der Sprache ausgedrückt wird, haben. Das Sprachwerk muss der Informationsvermittlung, also der Mitteilung eines verbalen, gedanklichen oder gefühlsmäßigen Inhalts dienen.

Einzelne Werke im Web wie z.B. Websites können auch Werke im urheberrechtlichen Sinne darstellen. Davon zu unterscheiden sind Inhalte von Nutzern einer Social-Media Plattform wie Twitter (user-generated content). Bei Nutzerinhalten kommt es darauf an, ob die Plattform die Möglichkeiten für eigenschöpferische Gestaltungen bietet oder hierfür keinen Platz lässt. Bei sozialen Netzwerken wird in der Regel schon die Plattform eine echte eigenschöpferische Gestaltung durch den Nutzer ausschließen. Soweit jedoch die Möglichkeit besteht, die Seite nicht lediglich durch Auswahl verschiedener vorgegebener Optionen frei zu gestalten, sondern auch eigene Inhalte und Dateien verschiedenster Art zu integrieren, kommt es darauf an, mit welcher gestalterischen Höhe dies wahrgenommen und umgesetzt wurde.

Für den Schutz des #Rio2016 rückte die Diskussion in den Fokus, in welcher Funktion der Hashtag benutzt wurde. Es wird als zulässig erachtet, ein markenrechtlich geschützter Hashtag als Privatperson oder in kommunikativer Weise zu nutzen, zum Beispiel zur Diskussionsanregung oder Äußerung der eigenen Meinung. Dagegen ist es nicht zulässig, wenn er in kommerzieller Weise benutzt wird, insbesondere bei der Bewerbung eigener Produkte. Dies zeichnet die Relevanz des markenrechtlichen Schutzes gegenüber gewerblicher Nutzung aus, wogegen der Markeninhaber rechtlich vorgehen kann.

 

Einwilligung in die Nutzung

International Women’s Day geht nun anders mit der Nutzung des Hashtags um. Die Website startete eine Kampagne zum Motto #BreakTheBias, indem sie Besucher:innen der Website dazu aufruft, ein Foto, Video oder andere Präsentationen mit überkreuzten Armen vor dem Oberkörper auf den Social-Media-Kanälen zu teilen und mit dem Hashtag zu versehen. So strahlen Teilnehmer:innen gegenüber der Kampagne und damit einhergehend allen Frauen auf der Welt Solidarität aus und verbreiten die Botschaft, gegen die Verbreitung von Vorurteilen jeglicher Art für eine bessere, inklusive Welt zu kämpfen. Die Initiative als Schöpferin und damit als Urheberin des Schriftzugs erteilt mit dem Aufruf öffentlich ihre Einwilligung in die Nutzung des Hashtags durch jeden; sie fordert die Besucher:innen förmlich zur Nutzung auf, um eine höhere Reichweite ihrer Botschaft zu erzielen. Für die Nutzung benötigt es aber nicht unbedingt die ausdrückliche Einwilligung des Urhebers. Sie wird schon dadurch impliziert, wenn der Hashtag zur Weiternutzung – bei Twitter zum Beispiel durch Retweeten – zur Verfügung gestellt wird.

Ungeachtet dessen ist es heute wichtiger denn je, für Gleichstellung und Inklusion zu kämpfen. Die Emanzipation erleidet seither Rückschläge durch unterschiedliche natürliche oder politische Ereignisse, zuletzt durch die Covid-19-Pandemie und ihre Herausforderungen. Doch Entwicklung und Gleichstellung gehen Hand in Hand, sodass es unsere Pflicht ist, stetig für ein bessere Gegenwart zu handeln – isn diesem Sinne: #BreakTheBias.

Virginia Bagirian

Rechtsreferendarin