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Folgen eines neuen Handels- und Investitionsabkommens zwischen Europa und den USA für den Kultur- und Medienbereich

Die Handelsgespräche der Europäischen Union und der USA gehen am 14. Juli 2014 in die sechste Verhandlungsrunde. Ein neues Handels- und Investitionsabkommen, die sogenannte „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP), soll kommen.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, äußerte sich im Gespräch mit KUNSTZEITUNG-Redakteurin Marion Leske (Ausgabe Juni 2014, Nr. 214, S. 6 der KUNSTZEITUNG, Herausgeber Lindinger + Schmid, Deutschland 2014) kritisch gegenüber eines solchen Freihandelsabkommens und den damit verbundenen Auswirkungen auf den Kultur- und Medienbereich. Er steht nicht nur der absoluten Geheimhaltung, unter der das Abkommen verhandelt wird, skeptisch gegenüber sondern gibt auch zu bedenken, dass die USA ein großes Interesse an den europäischen Kultur- und Medienmärkten haben.

Ziel eines Freihandelsabkommens sei es, Markthürden so weit wie möglich abzubauen und Handelsschranken zu beseitigen, wovon auch länderspezifische Standards umfasst seien. Zimmermann befürchtet, dass dabei der niedrigste Standard zum Maßstab werde. So sieht er vor allem Gefahren im Kulturbereich, da auch dort bewusst gesetzte Markthürden, wie beispielsweise die Buchpreisbindung, wahrscheinlich fallen müssten und damit die Vielfalt an Buchhandlungen und Verlagen und somit die Literatur in Deutschland bedroht seien. Darüber hinaus könne das Abkommen die Möglichkeit schaffen, dass amerikanische Unternehmen wie Amazon Deutschland auf entgangenen Gewinn verklagen könnten, wenn die vermeintliche Markthürde Buchpreisbindung doch nicht unmittelbar durch die TTIP beseitigt wird. Ein Freihandelsabkommen habe auch fundamentale Veränderung des Urheberrechts zur Folge. Dann müsste nämlich das Herkunftslandprinzip gelten. Bildende Künstler wären in diesem Fall benachteiligt, da eine amerikanische Galerie auf deutschem Boden nach amerikanischem Copyright arbeiten würde, welches deutlich künstlerunfreundlicher ist als das deutsche Urheberrecht. Zimmermann sieht noch weitere Gefahren und äußert unter anderem, dass sich auch die Filmbranche Sorgen mache, die die gesamte Filmförderung bedroht sähe.

Um die kulturelle Vielfalt in Deutschland nicht zu verlieren, setzt sich Zimmermann daher für eine „Generalklausel“ ein. Er fordert, den Kultur- und Medienbereich komplett aus den Verhandlungen auszuklammern. Ihm reicht ein Verhandlungsvorbehalt, wie es ihn momentan für die audiovisuellen Medien gibt, nicht aus, da dieser brüchig werde. Die USA versuche nämlich im Moment, die UN-Handelsklassifikation zu ändern, damit die audiovisuellen Medien nicht mehr zur Kultur, sondern zur Telekommunikation zählen.

Zimmermann ist der Ansicht, dass eine Ausnahme für die Kultur nur mit Druck möglich sei. Der gesamte Kulturbereich wehre sich gemeinsam gegen dieses Abkommen, was bereits bei einer Veranstaltung unter Fachleuten im Mai 2014 in Berlin unter Teilnahme von Kulturstaatsministerin Monika Grütters deutlich geworden sei.

Franziska Pechtl