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World Intellectual Property Day: Kann das Abspielen bestimmter Musik eingeschränkt werden?

Am 26.04. feiern wir den alljährlichen World Intellectual Property Day. Die Veranstaltung wurde im Jahr 2000 von der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) ins Leben gerufen, um „das Bewusstsein dafür zu schärfen, wie sich Patente, Urheberrechte, Marken und Geschmacksmuster auf das tägliche Leben auswirken“ und um „die Kreativität und den Beitrag zu würdigen, den Schöpfer und Innovatoren zur Entwicklung der Gesellschaften in aller Welt leisten“.

Das diesjährige Thema ist “IP and Youth: Innovating for a better future”. Junge Menschen haben hohe Ambitionen, für eine nachhaltige Zukunft zu arbeiten. Es sind auch gerade sie, die immer wieder Innovationen voranbringen, in der heutigen Zeit aber noch viel finanzielle und gesellschaftliche Unterstützung für das Entwickeln und Schützen ihrer Ideen und Kreationen benötigen.Doch nicht nur neue Entwicklungen sind zu schützen. Auch bereits bestehende Schutzrechte müssen regelmäßig beobachtet und ggf. gegen potenzielle Gefährder vorgegangen werden. Da im Anschluss an den World Intellectual Property Day der in den Niederlanden geehrte Königstag seinen Debüt feiert, stellt sich vor allem die Frage nach dem Markenschutz von Festivals und ihren Namen. Genau damit hatte sich kürzlich die Rechtsbank Amsterdam auseinandersetzen müssen. Im Fall Q-Dance B.V. und Q-Licenties V.O.F. gegen Q-Music Nederland B.V. und DPG Media B.V. gab das Gericht am 19.04.2022 mit vorläufiger Entscheidung die Klage größtenteils statt (Az. C/13/714766 / KG ZA 22-202 IHJK/MV).

Hintergrund
Seit 1999 organisiert Q-Dance in den Niederlanden unter dem Markennamen und der Marke Q-Dance Musikfestivals und Musikveranstaltungen mit dem Schwerpunkt Tanzmusik. Im August 2001 meldete Q-Dance die Wortmarke Q-Dance als Benelux-Marke an. Bekannte Festivals, die von Q-Dance organisiert werden, sind Defqon, Qlimax und Dominator. Q-Licences verwaltet die Rechte an der Marke Q-Dance im Auftrag von Q-Dance.

Seit August 2005 betreibt Q-Music den kommerziellen Radiosender unter dem Namen Q-Music. Q-Music ist eine Tochtergesellschaft der DPG. Diese betreibt die Website www.qmusic.nl. Nach der Einführung des Senders erhob Q-Dance Einspruch gegen die Nutzung eines Musiksenders unterm dem Namen Q-Music. Q-Dance berief sich auf den Schutz, den es nach dem Gesetz über Handelsnamen genießt und kündigte damals an, ein Verfahren zur Untersagung der Verwendung des Namens Q-Music für einen Musiksender in den Niederlanden einzuleiten. Daraufhin nahmen die Parteien Verhandlungen auf und schlossen ein so genanntes Koexistenzabkommen. Das Abkommen sieht u.a. vor, dass die Parteien ihre jeweiligen Tätigkeiten parallel ausüben können; unter der Voraussetzung, dass für die Öffentlichkeit so deutlich wie möglich erkennbar ist, dass sie nicht miteinander verbunden sind und daher nicht in direktem Wettbewerb zueinanderstehen. Laut Vereinbarung ist es VMMa oder Radio Noordzee B.V. gestattet, einen Radiosender unter dem Namen Q-Music zu betreiben und diesen Namen zu verwenden, um Werbemaßnahmen für den Radiosender durchzuführen, sofern der Radiosender nicht auf das so genannte Tanzsegment abzielt, sich nicht als „Tanzsender“ präsentiert, keine „Tanzsendungen“ anbietet oder zumindest – mit einigen Ausnahmen – keine Tanzmusik sendet. Auch wurden Radioprogramme zu bestimmten Tages- und Uhrzeiten vereinbart.

Im Oktober 2021 informierte Q-Dance Q-Music über ihre Feststellung, dass Q-Music gegen die Vereinbarung zwischen den Parteien verstoßen hätte. Q-Music und DPG haben diese Anschuldigungen von sich gewiesen. Darauffolgend berieten sich die Parteien erneut über eine gütliche Einigung, jedoch erfolglos.

Die Klägerparteien beantragten bei Gericht nun die Einstellung der Produktion von Tanzsendungen und/oder die Ausstrahlung von Tanzmusik im Hörfunksender Q-Music und deren dauerhafte Unterlassung sowie die Unterlassung der Ankündigung, Bewerbung, Zugänglichmachung von Tanzprogrammen und/oder Tanzmusik einzustellen. Sie behaupteten, dass die Parteien bei Abschluss des Vertrages den Grundsatz gebilligt haben, dass die Bezeichnung Q-Music für einen Radiosender zu Verwechslungen mit den Aktivitäten von Q-Dance führen könnte. Die Vereinbarung sollte gerade dabei helfen, solche Verwechslungen zu vermeiden. Dafür enthielt das Abkommen eine weit gefasste Definition des Begriffs „Tanz“. Mit dem neuen festen und wöchentlichen Samstagsprogramm verstoße Q-Music gegen die Vereinbarung. Das Programm sei ganz dem Tanz gewidmet und umfasse mehr als nur einen einzigen Tanztitel. Mit dieser Programmgestaltung präsentiere sich Q-Music unverkennbar als Tanzsender. Es würde zu Verwechslungen kommen und die Unterscheidungskraft des Handelsnamens und der Marke Q-Dance, die durch intensive Investitionen über 20 Jahre hinweg aufgebaut wurde, würde zerstört werden.

Die Gegenpartei machte hingegen geltend, dass Q-Dance Tanzveranstaltungen organisiert, bei denen die „härteren“ Stile (wie Hardstyle, Hardhouse und Hardcore) gespielt werden. Dabei handele es sich um ein völlig abgegrenztes Musikgenre mit einem eigenen, spezifischen Publikum. In diesem Verfahren stütze sich Q-Dance auf eine falsche, zu weite Auslegung der Vereinbarung. Die Parteien hätten sich dafür entschieden, sich an der Musik zu orientieren, die bei Q-Dance-Veranstaltungen gespielt wird und werden wird, wobei die sich von Zeit zu Zeit ändernden Stilrichtungen berücksichtigt werden. Dies sei auch naheliegend, da es die Absicht der Parteien sei, nebeneinander zu existieren, wobei für die Öffentlichkeit klar sein sollte, dass die Parteien nicht miteinander verbunden sind. Hilfsweise haben Q-Music und die DPG geltend gemacht, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Q-Music ist in den letzten 17 Jahren so bekannt geworden, dass niemand denkt, dass Q-Dance mit Q-Music zusammenhängt. Die Logos der Parteien ähneln sich überhaupt nicht. Die Märkte und Musikrichtungen der Parteien seien völlig unterschiedlich. Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes habe Q-Dance weder beweisen noch in irgendeiner Weise glaubhaft machen können, dass eine Verwechslung tatsächlich stattgefunden hat. Dass die Unterscheidungskraft ihrer Marke ernsthaft beeinträchtigt würde, habe sie weder dargelegt noch bewiesen.

Entscheidung
Das Gericht hat der Klage größtenteils stattgegeben. Für ihn ist bei der Auslegung der Vereinbarung entscheidend gewesen, welche Bedeutung die Parteien diesen Bestimmungen unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise beimessen konnten und was sie in dieser Hinsicht vernünftigerweise voneinander erwarten konnten.

Die Beklagten haben nicht bestritten, dass das neue Samstagabend-/Nachtprogramm von Q-Music vollständig dem Tanz gewidmet ist. Das Programm besteht aus fünf Tanzsendungen, die nacheinander ausgestrahlt werden und von bekannten Tanzkünstlern präsentiert werden. Q-Music präsentiert sich also als Tanzsender, zumindest samstags. Gemäß Abkommen ist dies nicht zulässig. Das Gericht stellte bei der Entscheidung auf den Wortlaut des Abkommens sowie aus dem Schriftverkehr zwischen den Parteien zu Entwurf und Änderungen dieses Abkommens. Daraus lässt sich schließen, dass die Parteien die Verwertung von Q-Music und Q-Dance, einschließlich künftiger Aktivitäten, nicht mit der Begründung einschränken wollten, dass eine Verwechslung vermieden werden muss. In der Art und Weise, wie die Parteien den Begriff des Tanzes definiert haben, haben sie den weiter gefassten Begriff der „elektronischen Tanzmusik“ weiter definiert. Zunächst wurde eine Abgrenzung zu anderen Musikgenres vorgenommen: Pop, Rock, Soul, R&B, Hip-Hop und Oldies (sechziger, siebziger, achtziger Jahre). Darüber hinaus wurde ein Zusammenhang mit der Tanzmusik hergestellt: „Bei den von Q-Dance organisierten Tanzveranstaltungen wurde und wird hauptsächlich Musik gespielt, wobei die von Zeit zu Zeit wechselnden Stilrichtungen innerhalb des „Tanzsegments“ berücksichtigt werden“.

Dem von den Beklagten vertretenen Auslegung des Begriffs „Tanz“ folgte das Gericht nicht. In Abkommen wird die Verwertung von Q-Music dahingehend eingeschränkt, dass Q-Music nicht auf das so genannte Tanzsegment abzielen, sich nicht als „Tanzsender“ präsentieren und keine „Tanzsendungen“ anbieten darf, oder zumindest – von wenigen Ausnahmen abgesehen – keine Tanzmusik senden darf. Dass Q-Dance auf seinen Festivals nur Hardstyle, Hardhouse und Hardcore spielt und Q-Music daher dieses spezielle Subgenre nicht ausstrahlen darf, wird dort nicht erwähnt und lässt sich auch nicht aus anderen Umständen oder aus der Geschichte der Vereinbarung ableiten. Außerdem zeigt die Abgrenzung von Dance zu anderen wichtigen Musikrichtungen, dass sich Dance auf die gesamte Tanzmusik bezieht. Schließlich kann die Einschränkung, dass die Musik „hauptsächlich bei den von Q-Dance organisierten Tanzveranstaltungen gespielt werden muss und gespielt werden wird, wobei die von Zeit zu Zeit wechselnden Stilrichtungen innerhalb des ‚Tanzsegments‘ zu berücksichtigen sind“, nicht so ausgelegt werden, dass Q-Music nur die Ausstrahlung von Hardstyle, Hardhouse und Hardcore verboten wäre. Q-Dance hat nachweislich darauf hingewiesen, dass es sich in seiner Programmgestaltung nicht auf die „härteren“ Stilrichtungen der Tanzmusik beschränkt und beschränkt hat, insbesondere bei den Veranstaltungen Qontact (Trance-Musik), Qlimax (Trance, House und Techno), Teqnology (Techno), Defqon 1 Festival (verschiedene Stilrichtungen auf verschiedenen Bühnen) und In Qontrol (verschiedene Stilrichtungen auf verschiedenen Bühnen). Das Abkommen enthält auch eine Liste der Bezeichnungen, Jingles, Handelsnamen und Domänennamen, beginnend mit Q, die von den Parteien zum Zeitpunkt des Abkommens verwendet wurden und die innerhalb der durch das Abkommen gesetzten Grenzen weiterhin genutzt werden dürfen. Diese Liste umfasst – soweit es sich um Q-Dance handelt – Begriffe wie Q-House, Q-Techno und Q-Trance. Daraus lässt sich schließen, dass eine Beschränkung auf Hardstyle, Hardhouse und Hardcore nicht beabsichtigt gewesen sein kann. Mit der Formulierung haben sich die Parteien für eine flexible Beschreibung entschieden, die sich im Laufe der Zeit bewähren sollte.

Auch die Tatsache, dass die Parteien nach Ansicht von Q-Music sehr gut koexistieren können (und dies seit 17 Jahren tun), ohne dass es nach Ansicht von Q-Music zu Verwechslungen kommt, ist keine Rechtfertigung dafür, dass Q-Music die Vereinbarung nicht einhält. Angesichts dieser Vereinbarung, die Q-Music freiwillig eingegangen ist, kann es sich nicht auf die Meinungsfreiheit nach Artikel 7 der Verfassung und Artikel 10 der EMRK berufen. Q-Music kann nicht vorgeworfen werden, sich durch die Vereinbarung mit seinem Vertragspartner Q-Dance einen Wettbewerbsnachteil zu verschaffen. Q-Dance hat sich bereit erklärt, die Bedingungen der Vereinbarung mit Q-Music neu zu verhandeln. Das ist der Weg, den Q-Music einschlagen könnte.

Das Gericht hat die Klage jedoch dahingehend abgewiesen, dass die Einschränkung des Abspielens über den aktuellen Samstagprogramm hinaus zu weit gefasst ist. Auch wies es den Antrag ab, dass für das Samstagsprogramm keine Werbung etc. gemacht werden darf. Denn wenn das Samstagsprogramm verboten wird, stellt die Gegenseite automatisch die Werbung für dieses Programm ein.

Fazit
Gewerblicher Rechtsschutz bezieht sich nicht nur auf die Rechtsverhältnisse zwischen zwei Parteien, wenn eine Marke oder ein Patent angemeldet wird oder wenn Urheberrechte verletzt werden. Besonders bei Marken stellt sich häufig das Problem, dass sich ähnliche Marken in den Klassen und Dienstleistungen überschneiden.

Umso größer ist Bedeutung vormaliger Abkommen unter den betroffenen Parteien, um eine Koexistenz trotz Überschneidungen garantieren zu können. Dies ist auch gängige Praxis, denn durch derartige Vereinbarungen lassen sie etwaige Kosten vermeiden und die Grenzen sind zwischen den Parteien klar geregelt. Der oben geschilderte Fall ist ein Paradebeispiel dafür, wie solche Vereinbarungen im Falle eines Rechtsstreits die Klärung der Sach- und Rechtslage vereinfachen können. Selbst wenn der Klageweg gegangen wird, können durch die deutliche Verkürzung des Verfahrens Kosten und Ärger gespart werden. Auf beiden Wegen kann ein Schutz der eigenen Marke oder Schöpfung weitestgehend abgeholfen werden. So müssen Schöpfer sich nicht vor einer Veröffentlichung scheuen und können ihre Kreativität vollkommen ausleben und mit der Gesellschaft teilen.

Virginia Bagirian